Das Deutsche Schiedsgericht für Pferderecht informiert zum Thema: Keine Tierhalterhaftung bei überwiegendem Selbstverschulden des Geschädigten
Hanseatisches OLG Bremen vom 18.4.2012 Im vorliegenden Fall hatte das Hanseatische Oberlandesgericht Bremen darüber zu entscheiden, ob eine Tierhalterin für den Sturz einer 17-Jährigen von ihrem Pferd einzustehen hat, an dem die 17-Jährige ein unentgeltliches Nutzungsrecht hatte. Die 17-Jährige, die Reiterin in einem Reitverein war, war durch ihre ehemalige Reitlehrerin an die Tierhalterin des besagten Pferdes vermittelt worden, da die 17-Jährige wünschte den Reitsport öfter ausüben zu können. Die Pferdehalterin war bereit, unentgeltlich und gefälligkeitshalber die 17-Jährige zu unterstützen und gab ihr die Gelegenheit, nach Absprache das Pferd regelmäßig zu reiten. Bei solch einer Gelegenheit wurde die 17-Jährige beim Aufsteigen abgeworfen und verletzt. In der Folge machte sie auf Grund der erlittenen Verletzungen gegenüber der Tierhalterin materiellen und immateriellen Schadensersatz sowie Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige Schäden geltend. Die 17-Jährige behauptete, sie wisse nicht weshalb das Tier in Panik geraten sei und der Unfall sei auf Grund der „typischen Tiergefahr“ hervorgerufen worden. Die Tierhalterin warf der Verunfallten vor, den Unfall leichtfertig provoziert zu haben und Ursache des Unfalls sei menschliches Fehlverhalten gewesen. Die 17-Jährige habe dem Pferd eine Decke aufgelegt, obwohl sie gewusst hätte, dass das Pferd die Decke nicht leiden könne und darauf sehr empfindlich reagiere. Das Gericht befand, dass der 17-Jährigen die geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht zustehen, da diese ein überwiegendes Selbstverschulden träfe, so dass eine Tierhalterhaftung nach § 833 BGB im Rahmen der Haftungsabwägung zurücktrete. Dazu führte das Gericht aus, dass nach Durchführung der Beweisaufnahme feststehe, dass die Ursache des Unfalls auf einem Fehlverhalten der 17-Jährigen beruhe. Der 17-Jährigen sei bekannt gewesen, dass das Pferd Decken nicht möge und sehr empfindlich darauf reagiere. Trotz des Wissens darüber hätte die 17-Jährige vor dem Aufsteigen eine Abschwitzdecke übergelegt und hätte sodann versucht aufzusteigen. Nach BGH Rechtsprechung könne es die Interessenlage bei einem Reitunfall gebieten, dass dem Verletzten im Hinblick auf ein Mitverschulden der Entlastungsbeweis entsprechend § 834 BGB (Haftung des Tieraufsehers) aufzuerlegen sei. Diesen ihr obliegenden Entlastungsbeweis hätte die 17-Jährige jedoch nicht geführt. Soweit sie geltend gemacht hätte, es lasse sich im Nachhinein nicht nachvollziehen, weshalb das Pferd durchgegangen sei als sie aufsteigen wollte und schon geringste Kleinigkeiten dazu führen könnten, dass ein Pferd scheue, reiche nicht aus, so das Gericht. Konkrete Umstände, die nicht auf dem Verhalten der 17-Jährigen beruhen würden und auf die der Unfall zurückzuführen seien, wären nicht vorgetragen worden. Dass die Verletzte bei dem Unfall noch minderjährig war, vermochte keine andere rechtliche Beurteilung zu rechtfertigen, urteilte das Gericht, da sich der Unfall kurz vor Erreichen der Volljährigkeit ereignet hätte. Angesichts der eindeutigen Hinweise und der Erkennbarkeit der Gefahr könne eine Überforderung der 17-Jährigen hier nicht angenommen werden.Tags:Anwalt für Pferderecht, Gutachter für Pferde, Pferdetierarzt, Reitbeteiligung, Schiedsgericht, schmerzensgeld, Sturz, Tierhalterhaftung, Unfall